8 Cod. Ms. hist. lit. 48 zk
Materialart
gebundene Bände, lose Blattsammlungen in Kassetten
Umfang
ca. 100
Status
fortlaufend
Zeitraum
16. bis 19. Jahrhundert
Region
Deutschland, Göttingen
Erschließung
vollständig erschlossen
Standort
Historisches Gebäude
Kontakt
hsd@sub.uni-goettingen.de
Über die Sammlung
Stammbücher, auch Alba Amicorum genannt, sind Freundschafts- und Erinnerungsalben, in denen sich Bekannte und Verwandte des Besitzers mit ihrer Unterschrift, Sprüchen oder Zitaten verewigten. Die Entstehung der Stammbücher ist wohl auf die Mitte des 16. Jahrhunderts nach Wittenberg zu datieren, wo sich Studenten Widmungen der dort lehrenden Reformatoren in ihre Bücher eintragen ließen. Stammbücher verbreiteten sich in Europa in nahezu allen Gesellschaftsschichten, vor allem waren sie beliebt bei Studenten und Handwerksgesellen.
Die zunehmende Popularität der Stammbücher resultierte in neuen Formen: Findige Verleger verkauften vorgefertigte Drucke, einseitig bedruckte Emblembücher oder Alben mit von Rankenwerk eingefassten, unbeschriebenen Seiten oder mit Sinnsprüchen in mehreren Sprachen. Weit über Göttingen hinaus erfolgreich war der Buchbinder und Drucker Wiederhold, der sich durch den Vertrieb von Stammbüchern und Stammbuchblättern mit gefälligen Kupferstichen, Landschaftsbildern und Darstellungen des Studentenlebens hervortat. Neben das gebundene Buch traten gegen Ende des 18. Jahrhunderts neue Formen: Loseblattsammlungen, die häufig in buchartigen Kassetten aufbewahrt wurden.
Die SUB Göttingen besitzt etwa 100 Stammbücher vom 16. bis ins 19. Jahrhundert. Der überwiegende Teil stammt aus dem studentischen Milieu Göttingens des 18. Jahrhunderts. Einige dieser Werke, wie beispielsweise das Stammbuch Martin Buchners, schmücken zahlreiche farbige Zeichnungen und Wappen. Andere Göttinger Freundschaftsalben warten neben Einträgen und Sinnsprüchen bekannter oder weniger bekannter Angehöriger der Universität mit Szenendarstellungen des Studentenlebens, handgezeichnet oder als Kupferstich, Silhouetten, Landschaftsbildern uvm. auf. Stammbücher sind eine wichtige kultur- und sozialgeschichtliche Quelle ihrer Zeit und werden vielfach als Grundlage für prosopographische, genealogische oder Netzwerkstudien herangezogen.
Besondere Stücke
- 8 Cod. Ms. hist. lit. 47 Cim. – Stammbuch Martin Buchners, 1573–1615
- 8 Cod. Ms. hist. 220 Cim. – Stammbuch Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg, 1591–1611
- 8 Cod. Ms. hist. lit. 48 ha Cim. – Stammbuch Alexander von Podmaniczkys, 1785–1805
- 8 Cod. Ms. hist. lit. 48 zk – Friederike Liebers: Taschenbuch der Erinnerung, Freundschaft und Liebe heilig, 1843–1856
Sammlungsgeschichte
Das erste Stammbuch, das von der Universitätsbibliothek Göttingen erworben wurde, gehört gleichzeitig zu den kostbarsten Stücken: Das Stammbuch Herzog Georgs von Braunschweig-Lüneburg enthält Unterschriften aus dem hochadeligen Umfeld seiner Verwandtschaft und seiner Kommilitonen in Jena. Zahlreiche Miniaturen, allegorische Darstellungen und Wappen illustrieren das Werk. Es war Teil des Gründungsbestandes der Universität und gelangte im Zuge der Schenkung aus dem ehemaligen Besitz Joachim Hinrich von Bülows (1650–1724) 1734 nach Göttingen. Die Stammbuchsammlung wurde seitdem stetig durch Ankäufe, Schenkungen und Nachlassübernahmen ausgebaut.
Erwerbungsprofil
Die Stammbuchsammlung der SUB Göttingen wird kontinuierlich erweitert. Als Bewahrstätte des wissenschaftlichen und kulturellen Erbes der Göttinger Universität liegt der Fokus auf Quellen zur Göttinger Universitätsgeschichte, vor allem aus der Gründungszeit und der ersten Hochphase der Georgia Augusta.
Zugang
Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel
Die Stammbücher der SUB Göttingen werden sukzessive im nationalen Portal für Nachlässe und Autographen, Kalliope, erschlossen. Für die älteren Bestände ist auf den Handschriftenkatalog von Wilhelm Meyer sowie den Ergänzungsband von Irmgard Fischer zurückzugreifen. Ein zentrales Nachweisinstrument für Stammbücher und Stammbucheinträge aus dem Besitz öffentlicher Bibliotheken, Archive und Museen bildet das Repertorium Alborum Amicorum. Zahlreiche Beispiele für Göttinger Stammbuchkupfer aus den Beständen der SUB Göttingen enthält die Publikation von Rolf Wilhelm Brednich „Denkmale der Freundschaft“.
- Kalliope: Stammbücher
- Repertorium Alborum Amicorum (RAA). Internationales Verzeichnis von Stammbüchern und Stammbuchfragmenten in öffentlichen und privaten Sammlungen
- Rolf W. Brednich: Denkmale der Freundschaft. Die Göttinger Stammbuchkupfer – Quellen der Kulturgeschichte. Aus den Beständen des Stadtarchivs Göttingen, der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, des Städtischen Museums Göttingen, des Firmenarchivs Wiederholdt Göttingen und des Historischen Museums am Hohen Ufer Hannover, Friedland 1997. ↗GUK
Vor Ort
Die Stammbücher können nach vorheriger Bestellung vor Ort oder per E-Mail im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen eingesehen werden, sofern der konservatorische Zustand eine Benutzung zulässt. Die Termine zur Einsichtnahme sollten mindestens zwei Werktage vor der Anreise unter Nennung der gewünschten Signaturen vereinbart werden.
Signaturen
Einen Großteil der Stammbücher finden Sie in der Signaturengruppe Cod. Ms. hist. lit. 47 bis 48 zr. Wenige Exemplare, die als Teil eines Nachlasses in Besitz der SUB Göttingen gelangten, tragen die Signatur „Cod. Ms.“, den Namen des Nachlassurhebers, sowie eine fortlaufende Nummer, z. B. Cod. Ms. G. Planck 2 : 1. Neuerwerbungen werden mittlerweile nicht mehr in die Systematik eingepflegt, sondern nach Numerus currens aufgestellt: Cod. Ms. 2022.31.
Digital
Digitalisate von 97 Stammbuchblättern aus Göttinger Besitz finden Sie im niedersächsischen Landesportal für Kulturgüter Kulturerbe Niedersachsen. Wenige ausgewählte Stücke der Göttinger Stammbuchsammlung stehen über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) digital zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten.
Weiterführende Hinweise
- Rolf W. Brednich: Denkmale der Freundschaft. Die Göttinger Stammbuchkupfer – Quellen der Kulturgeschichte. Aus den Beständen des Stadtarchivs Göttingen, der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, des Städtischen Museums Göttingen, des Firmenarchivs Wiederholdt Göttingen und des Historischen Museums am Hohen Ufer Hannover, Friedland 1997. ↗GUK
- Albrecht Eckhardt: Das untere Werratal auf Bildern. Göttinger Stammbuchkupfer aus dem frühen 19. Jahrhundert, in: Das Werraland 71,4 (2019), S. 85–91. ↗GUK
- Wilfried Enderle: Das Stammbuch des Herzogs Georg von Braunschweig-Lüneburg, in: Göttinger Kostbarkeiten. Handschriften, Drucke, Einbände aus zehn Jahrhunderten, hg. von Elmar Mittler (Göttinger Bibliotheksschriften 35), Göttingen 2006, S. 16f., DOI: https://doi.org/10.17875/gup2006-648.
- Werner W. Schnabel: Das Stammbuch. Konstitution und Geschichte einer textsortenbezogenen Sammelform bis ins erste Drittel des 18. Jahrhunderts (Frühe Neuzeit 78), Tübingen 2003. ↗GUK
- Werner W. Schnabel: Stammbücher, in: Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte. Typen, Bestände, Forschungsperspektiven, hg. von Ulrich Rasche (Wolfenbütteler Forschungen 128), Wiesbaden 2011, S. 421–452. ↗GUK
Verwandte Sammlungen
Silhouettensammlungen
Sammlungen von Schattenrissen, vornehmlich von Personen aus dem Umfeld der Göttinger Universität
Universitätsarchiv Göttingen
Akten der Zentralverwaltung und der Fakultäten seit Gründung der Universität Göttingen
Autographensammlung
Mehr als 3.700 Einzelautographen bedeutender Persönlichkeiten
Porträtsammlung
Mehr als 3.500 Porträts Göttinger Professorinnen und Professoren sowie weiterer Gelehrter