Gründungsbestand der Universitätsbibliothek

Materialart

Historische Drucke, Papier- und Pergamenthandschriften, Karten

Umfang

12.000 Bände, über 60 Handschriften, mehr als 40 Inkunabeln, über 2.000 Karten und Tabellen

Status

abgeschlossen

Zeitraum

15. bis beginnendes 18. Jahrhundert (Drucke), 13. bis beginnendes 18. Jahrhundert (Handschriften)

Region

vornehmlich Deutschland und Europa

Erschließung

vollständig erschlossen

Standort

Historisches Gebäude

Kontakt

hsd@sub.uni-goettingen.de

hg-info@sub.uni-goettingen.de

Über die Sammlung

Zum Zeitpunkt der offiziellen Gründung der Georg-August-Universität 1737 verfügte die Universitätsbibliothek über 12.000 Bände. Der größte Teil, ca. 9.000 Bände, stammt aus der ehemaligen Privatbibliothek des Celler Großvogts Joachim Hinrich von Bülow (1650–1724). 2.154 Bänden sind Dubletten, die die Königliche Bibliothek in Hannover nach Göttingen abgegeben hatte. Dabei handelt es sich mehrheitlich um theologische Werke sowie Editionen antiker Klassiker. 708 Bände gingen aus dem Bestand des Göttinger Pädagogiums in den Besitz der Universitätsbibliothek über. Das Pädagogium war eine weiterführende Bildungseinrichtung zur Vorbereitung auf das Universitätsstudium, das neben Sprachkenntnissen im Lateinischen und Griechischen auch Kenntnisse in der Mathematik und weiteren Fächern vermittelte.

Das erste Pädagogium in Göttingen war von 1542 bis 1545 im ehemaligen Paulinerkloster, dem heutigen Historischen Gebäude, untergebracht. Die Neugründung 1586 verlief erfolgreicher und bestand bis zur Eröffnung der Universität im Jahr 1734. 1717 richtete der damalige Leiter des Pädagogiums, Christoph August Heumann (1681–1764), eine Bibliothek ein, um das Selbststudium der Schüler zu fördern. In den nächsten zehn Jahren wuchs ihr Bestand auf 600 Bände an, darunter ungefähr 100 deutsche, französische und englische Titel. Die fachliche Auswahl orientierte sich an den Schwerpunkten der Ausbildung und so dominierten Werke der Theologie, Geschichte und Klassische Philologie.

Aus dem Pädagogium gelangten auch 26 Handschriften an die Universitätsbibliothek, darunter Zeugnisse der jahrhundertelangen Geschichte der Institution wie beispielsweise die Matrikel, Lehrerverzeichnisse und Schulordnungen. Sechs Manuskripte datierten zurück bis auf das Mittelalter, im Bestand lassen sich heute noch drei davon identifizieren. Unter den Dubletten aus Hannover befanden sich wohl keine Handschriften. Teil des Gründungsbestands sind zudem über 40 Wiegendrucke aus der Frühphase des Buchdrucks, wobei 30 mit Sicherheit der Sammlung Bülow, 12 dem ehemaligen Pädagogium und eine Inkunabel der Königlichen Bibliothek in Hannover zugeordnet werden können.

Zu den besonderen Stücken aus diesem Bestand gehören z.B. die Topographia Saxoniae Inferioris mit Kupferstichen Matthias Merians des Älteren (1593–1650) sowie die Margarita philosophica Gregor Reischs († 1525), eine enzyklopädische Zusammenstellung des Wissens am Ausgang des Mittelalters. Ebenfalls hervorzuheben ist der Göttinger Band der Ornithophonia Nikolaus Baers (1639–1714). Es handelt sich dabei um ein koloriertes Widmungsexemplar des Verfassers, das dieser Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) übereignete.

Besondere Stücke

  • 8 Patr. Lat. 1766/53 Inc. – Secreta Alberti magni de virtutibus herbarum, lapidum et quorundam animalium, Köln 1492
  • 8 Did. 180/71 Rara – Gregor Reisch: Margarita philosophica, Basel 1508
  • 4 Cod. Ms. hist. lit. 50 b : 1 – Matrikel des Göttinger Pädagogiums, 1586–1734
  • 4 H Hann. I, 10 Rara – Martin Zeiller, Matthaeus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris, Frankfurt am Main 1653
  • 8 P. Germ. III, 1207 Rara – Nikolaus Baer: Ornithophonia, Bremen 1695
  • 4 Cod. Ms. hist. lit. 50 c – Quellen zur Geschichte des Göttinger Pädagogiums, 17. Jahrhundert
  • 8 H. Brit. un. VII, 2110 (1) Rara – Vollständige Beschreibung der Zeremonie bei der englischen Krönung, Hannover 1728

Sammlungsgeschichte

Das Pädagogium wurde Ostern 1734 aufgehoben, seine Unterrichtsräume, Lehrerwohnungen sowie Lehrmittel – inklusive der Bibliothek – wurden der neu gegründeten Universität übertragen. Nachdem am 21. Mai 1734 König Georg II. der Schenkung der Bülowschen Bibliothek zugestimmt hatte, wurden aus den dublett vorhandenen Beständen der Königlichen Bibliothek Hannover 2.154 Bände ausgewählt, die nicht bereits in der Sammlung Bülow vertreten waren. Im Winter 1735 gelangten die ersten Bände aus dem Besitz Bülows nach Göttingen, im nächsten Frühjahr und Sommer folgte der Rest der Sammlung sowie die Dubletten aus Hannover. Den Abschluss bildeten die Bücher und Handschriften aus dem Besitz des Göttinger Pädagogiums im Juni 1736.

Zugang

Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel

Die Kataloge der Bülowschen Bibliothek, der Zugänge der Königlichen Bibliothek in Hannover und des Göttinger Pädagogiums haben sich im Bibliotheksarchiv der SUB Göttingen erhalten.

Kataloge und Verzeichnisse des Gründungsbestandes

  • siehe Bibliothek Joachim Hinrich von Bülows
  • Bibl.-Arch., Alte Kataloge 2 – Dubletten der Königlichen Bibliothek Hannover, 1734
  • Bibl.-Arch., Alte Kataloge 3 – Bibliothekskatalog des Göttinger Pädagogiums, Göttingen 1729; händisch nachgetragen die Neuzugänge bis 1736
  • Bibl.-Arch., Alte Kataloge 50 – Alphabetischer Gesamtindex zu den Katalogen der Bülowschen Bibliothek, des Göttinger Pädagogiums sowie der Dubletten aus der Königlichen Bibliothek Hannover
    • Buchstabe „D“: „Donatio“ = Dubletten der Königlichen Bibliothek in Hannover
    • Buchstabe „G“: Bibliothek des Göttinger Gymnasiums

Die historischen Drucke aus dem Gründungsbestand sind in den elektronischen Katalogen der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) erschlossen. Über bestimmte Suchschlüssel kann im Göttinger Universitätskatalog (GUK) gezielt nach Werken mit einem Besitznachweis aus dem Göttinger Pädagogium oder der Königlichen Bibliothek in Hannover gesucht werden. Beschreibungen der Inkunabeln aus dem Gründungsbestand sind dem Katalog der Göttinger Inkunabeln zu entnehmen.

Die Handschriften sind im Handschriftenkatalog von Wilhelm Meyer verzeichnet; im Register des dritten Bandes finden sich Übersichten zum Bestand Bülow (S. 32) und zum Göttinger Gymnasium (S. 71). Ein Teil der Manuskripte ist zudem in Kalliope, dem nationalen Nachweisportal für Nachlässe und Autographen, nachgewiesen. Die mittelalterlichen Handschriften werden sukzessive in der Handschriftendatenbank der HAB Wolfenbüttel katalogisiert. Informationen über die Handschriften werden zukünftig auch über das Handschriftenportal abrufbar sein.

Vor Ort

Die Handschriften können nach vorheriger Bestellung vor Ort oder per E-Mail im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen eingesehen werden, sofern der konservatorische Zustand eine Benutzung zulässt. Die Termine zur Einsichtnahme sollten mindestens zwei Werktage vor der Anreise unter Nennung der gewünschten Signaturen vereinbart werden.

Die historischen Drucke, die Inkunabeln eingeschlossen, können über die elektronischen Kataloge der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es einen halben Tag, die Bände dürfen ausschließlich in Präsenz im Lesesaal für Alte Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen genutzt werden. Bei besonders seltenen und kostbaren Werken, die den Bestandsgruppen „Rara“ und „Inc.“ zugeordnet sind, ist eine Benutzung nur im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude möglich.

Digital

Nahezu 300 Titel aus dem Gründungsbestand stehen über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) digital zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten.

Weiterführende Hinweise

  • Christiane Kind-Doerne: Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Ihre Bestände und Einrichtungen in Geschichte und Gegenwart. Mit einem Beitrag von Klaus Haenel über die Handschriftenabteilung (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 22), Wiesbaden 1986. ↗GUK
  • Die Matrikel des Pädagogiums zu Göttingen 1586–1734, hg. von Georg Gieseke und Karl Kahle (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 9,2), Göttingen 1936. ↗GUK
  • Berthold Michael: Die beiden Pädagogien im Paulinerkloster 1542–1545 und 1586–1734, in: 700 Jahre Paulinerkirche. Vom Kloster zur Bibliothek, hg. von Elmar Mittler, Göttingen 1994, S. 111–124. ↗GUK

Verwandte Sammlungen

Bibliothek Joachim Hinrich von Bülows

Bibliothek des Celler Großvogts Joachim Hinrich von Bülow

Historische Drucke

Über 500.000 Drucke vor 1900 in vielen Sprachen und zu zahlreichen Themen und Fachgebieten

Inkunabeln

Über 3.000 Bände aus der Frühzeit des Buchdruckes von 1450 bis 1520