Über die Sammlung | Sammlungsgeschichte | Zugang | Weiterführende Hinweise
Cod. Ms. W. Müller I, 13
Materialart
Handschriften auf Pergament und Papier
Umfang
112 Fragmente
Status
abgeschlossen
Zeitraum
9. bis 18. Jahrhundert
Region
Deutschland, Europa
Erschließung
ansatzweise erschlossen
Standort
Historisches Gebäude
Kontakt
Über die Sammlung
Mit dem Nachlass Wilhelm Müllers (1812–1890) gelangten nicht nur ein Codex, zwei Rollen, mehrere Siegelabdrücke sowie Auszüge aus den hinterlassenen Papieren Georg Friedrich Beneckes (1762–1844) an die Universitätsbibliothek, sondern auch 112 Fragmente. Diese werden in drei Gruppen unterschieden:
- Fragmente in deutscher Sprache vom 12. bis 15. Jahrhundert
- Urkunden(fragmente) in deutscher Sprache vom 15. bis 18. Jahrhundert
- Fragmente überwiegend in lateinischer Sprache vom 9. bis 15. Jahrhundert
Die Fragmente geben Zeugnis von Wilhelm Müllers jahrzehntelanger wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Mittelalter. Zu den bruchstückhaft überlieferten Stücken in deutschen Dialekten gehören beispielsweise bekannte Werke wie die Kaiserchronik, Wolfram von Eschenbachs Parzival oder der Sachsenspiegel. Die dritte Gruppe ist sehr heterogen: Die Fragmente waren früher Teil verschiedener Werke, der Bibel, liturgischer Schriften, von Heiligenleben, eines Kalendariums, der Etymologien Isidors von Sevilla uvm.
Eine Besonderheit bilden 12 Papierproben aus dem 13. und 14. Jahrhundert aus spanischen Bibliotheken und Archiven, die ursprünglich dem niederländischen Gelehrten und Büchersammler Gerard Merman (1722–1771) geschickt worden waren. Meerman war auf der Suche nach dem ältesten Beleg für das sogenannte Baumwollpapier, Papier, das aus rohen Baumwollfasern hergestellt und im spanischen, italienischen und arabischen Raum verwendet worden sein sollte. Wie mittlerweile nachgewiesen wurde, existierte eine solche Form der Papierproduktion nicht.
Besondere Stücke
- Cod. Ms. W. Müller III, 12 – Fragment der Verba seniorum, 10. Jahrhundert
- Cod. Ms. W. Müller I, 1 – Fragment der Kaiserchronik (jüngerer Text), 13. Jahrhundert
- Cod. Ms. W. Müller I, 2 – Wolfram von Eschenbach: Fragment des Parzivals, 13./14. Jahrhundert
- Cod. Ms. W. Müller III, 57 – 12 Papierproben aus Spanien, 13. und 14. Jahrhundert
Sammlungsgeschichte
Wilhelm Müller ist heute in der Germanistik vor allem als Bearbeiter des Mittelhochdeutschen Wörterbuchs bekannt, das er auf der Grundlage des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke gemeinsam mit Friedrich Zarncke (1825–1891) herausgab. Er lehrte seit 1841 als Professor für Deutsche Philologie an der Göttinger Universität. Nach seinem Tod fiel ein Teil seines wissenschaftlichen Nachlasses an das Deutsche Seminar, das er gemeinsam mit Moritz Heyne (1837–1906) geleitet hatte. Im Mai 1938 wurde dieser an die Universitätsbibliothek abgegeben.
Zugang
Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel
Die Erschließung der Fragmentesammlung Müller entspricht nicht modernen wissenschaftlichen Anforderungen. Sie ist zwar im dritten Band des Handschriftenkatalogs von Wilhelm Meyer aus dem Jahr 1894 beschrieben, jedoch wurden hier nicht alle Stücke berücksichtigt. Im Nachlass des Historikers Hartmut Hoffmann (1930–2016), der in der Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica (MGH) aufbewahrt wird, finden sich maschinenschriftliche Beschreibungen einiger Fragmente aus dem Göttinger Bestand, darunter auch zwei Fragmente aus der Sammlung Müller.
Die deutschsprachigen Fragmente der Müllerschen Sammlung wurden in den Handschriftencensus, die Online-Datenbank deutschsprachiger Handschriften des Mittelalters, aufgenommen. Dort wird auf die Katalogisate Marlies Dittrichs verlinkt, die diese in den Jahren 1938 bis 1940 für das Handschriftenarchiv der Deutschen Kommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften anfertigte. Auf der Webseite des Handschriftenarchivs können die Digitalisate dieser Beschreibungen eingesehen werden.
- Deutschsprachige Fragmente – Handschriftencensus, Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
- Kurzkatalogisate im Nachlass Hoffmann – MGH-Archiv K 217/2, Nachlass Hartmut Hoffmann, Katalog der Handschriften des 10. Jahrhunderts (Arbeitsmappen), Göttingen, Fragmmente
- Cod. Ms. W. Müller I, 2 – Parzival-Projekt, Handschriften und Fragmente, Fr. 37 (Gx)
- Cod. Ms. W. Müller I, 5 – Deutschsprachige illustrierte Handschriften des Mittelalters (KdiH), 74.3.1
Vor Ort
Aufgrund der schwierigen Erschließungslage empfehlen wir Ihnen, Stücke aus den Fragmentesammlungen mindestens drei Tage vor Ihrem geplanten Besuch per E-Mail anzufragen. Die Fragmente können ausschließlich in Präsenz im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen eingesehen werden. Der konservatorische Zustand kann dazu führen, dass einige Stücke von der Benutzung ausgenommen sind.
Signaturen
Die Fragmente sind Teil des Nachlasses Wilhelm Müller und tragen daher die Signatur „Cod. Ms. W. Müller“. Es folgen die römischen Zahlen I, II oder III, die sich auf die verschiedenen Handschriftengruppen beziehen: deutschsprachige Stücke (I), deutschsprachige Urkunden (II) sowie Handschriften in Latein und anderen Sprachen (III). Den Abschluss bildet eine fortlaufende Nummer zur Identifikation der einzelnen Stücke, z.B. Cod. Ms. W. Müller I, 8.
Digital
19 Fragmente aus dem Nachlass Wilhelm Müller wurden digitalisiert und stehen über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten. Das Fragment der Kaiserchronik ist als Digitalisat über die virtuelle Bibliothek „Kaiserchronik – Digital“, ein Projekt der Universität Cambridge in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg, abrufbar.
Weiterführende Hinweise
- SUB Göttingen, Handschriftenfragmente der Sammlungen Morbio und Müller
- Emese Tömösvári, Cornelia Ripplinger: In Kontext setzen: Bericht zur Basiserschließung und Restaurierung von Handschriften- und Druckfragmenten an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, in: Bibliotheksdienst 52,5 (2018), S. 348–361, DOI: https://doi.org/10.1515/bd-2018-0042.
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