Über die Sammlung | Sammlungsgeschichte | Zugang | Weiterführende Hinweise
8 Cod. Ms. Luneb. 71
Materialart
Historische Drucke, Inkunabeln und Handschriften auf Papier, wenige auf Pergament
Umfang
3.500 Bände, davon 93 Handschriften und 54 Inkunabeln
Status
abgeschlossen
Zeitraum
13. bis 19. Jahrhundert
Region
Schwerpunkt in Niedersachsen
Erschließung
vollständig erschlossen
Standort
Historisches Gebäude
Kontakt
Über die Sammlung
Als die Ritterakademie, die Nachfolgeinstitution des Michaelisklosters in Lüneburg, 1850 aufgelöst wurde, erhielt die Universitätsbibliothek Göttingen 3.500 Bänden aus diesem Bestand. Vor allem mit Handschriften und Inkunabeln wurde Göttingen reich bedacht. Von den 95 überlieferten mittelalterlichen Handschriften fielen 72 an Göttingen, weiterhin 54 Inkunabeln. Dennoch war die Bilanz in Göttingen eher ernüchternd, man hatte auf einen bedeutenderen Bücherschatz gehofft; gerade die wertvolleren Stücke aus dem Bestand des Klosters waren nicht an die Universität abgegeben worden.
Bei den Handschriften handelt es sich in der Hauptsache um eher schmucklose Gebrauchshandschriften, überwiegend aus dem 15. Jahrhundert. Eine Ausnahme bildet z.B. ein Codex mit Quaestiones zu Werken des Aristoteles, der farbig gefasste, teilweise droleriehafte Szenen mit Gold- oder Silbertintenverzierungen aufweist. Inhaltlich vertreten sind vor allem die bedeutenden Autoritäten des Hoch- und Spätmittelalters, einige klassische Schulautoren der Antike sowie juristische Schriften, Texte, die häufig in Schulen oder auch Universitäten benutzt wurden.
Bei den Drucken bildet die niedersächsische Geschichte einen wichtigen thematischen Schwerpunkt. Zu den seltenen Werken aus diesem Bestand gehören Wendelin Dietterlins Architectura (Nürnberg 1598), Andrea Palladios I quattro libri dell’architettura (Venedig 1570) sowie Johann Ludwig Gottfrieds Historia Antipodum oder Neue Welt (Frankfurt am Main 1655).
Besondere Stücke
- 2 Cod. Ms. Luneb. 34 Cim. – Konrad von Waldhausen: Postille, 1374
- 2 Cod. Ms. Luneb. 20 – Sammelhandschrift mit Quaestiones zu Aristoteles, 15. Jahrhundert
- 4 Hist. Eccl. Sankt. 176/32 a Inc. – Birgitta: Revelationes, Lübeck 1492
- 4 Math. Arch. I, 1293 Rara – Andrea Palladio: I Quattro libri dell’architettura, Venedig 1570
- 2 Math. Arch. I, 1365 Rara – Wendelin Dietterlin: De constitutione symmetria, Nürnberg 1598
- 4 Hist. Am. I, 310 Rara – Johann Ludwig Gottfried: Historia Antipodum oder Neue Welt, Franfurt am Main 1655
Sammlungsgeschichte
Der Aufbau einer Bibliothek in Sankt Michael in Lüneburg begann bald nach der Klostergründung in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Neben der Klosterbibliothek bestand weiterhin eine Büchersammlung des Abtes. Durch Schenkungen, Stiftungen und Käufe wurde der Bestand beständig erweitert. 1532 wurde das Kloster in ein evangelisches Männerstift unter der Benediktinerregel umgewandelt. Der Konfessionswechsel mag ebenso wie die Zerstörung des Klosters im Lüneburger Erbfolgekrieg 1371 sowie die Annahme der Bursfelder Reform 1470 zu den Gründen gehören, warum kaum Codices aus der Zeit vor 1400 überliefert sind.
1655 wurde der Konvent aufgehoben und eine Ritterakademie zur Ausbildung des hiesigen adligen Nachwuchses gegründet. Die Buchbestände des ehemaligen Klosters gingen an die Lehranstalt über, wobei die Abts- und die Konventsbibliothek vereint wurden. 1790 erfuhr die Bibliothek einen letzten großen Zuwachs durch den Ankauf der Privatbibliothek Johann Nicolaus Niclas’ (1733–1808), des Rektors der Ritterakademie, die mehr als 9.000 Bände umfasste. Nachdem das Ende der Ritterakademie beschlossen worden war, wurden zunächst die Drucke auf sieben Institutionen in Göttingen, Hannover und Lüneburg verteilt. Erst danach entschied man über den Verbleib der Handschriften und Inkunabeln. Bücher aus dem Lüneburger Kloster lassen sich heute in erster Linie an der SUB Göttingen, der Lüneburger Ratsbücherei, der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, dem Niedersächsischen Landesarchiv und dem Museum August Kestner nachweisen.
Zugang
Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel
Als die Abgaben der Ritterakademie in Göttingen eintrafen, wurden diese in einem eigenen Katalog verzeichnet (Bibl.-Arch., Alte Kataloge 30). Das Bibliotheksarchiv bewahrt darüber hinaus weitere Akten, die diesen Vorgang dokumentieren.
Die historischen Drucke und Inkunabeln sind in den Online-Bibliothekskatalogen der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) erfasst. Im Göttinger Universitätskatalog (GUK) informiert das Feld „Provenienz(en)“ über die Herkunft aus dem Sankt Michaelis Kloster Lüneburg bzw. der Ritterakademie. Die Handschriften des Lüneburger Bestandes sind im zweiten Band des Göttinger Gesamthandschriftenkatalogs von Wilhelm Meyer beschrieben und werden in Zukunft auch ins Handschriftenportal aufgenommen werden.
- 8 Cod. Ms. Luneb. 24 a und 24 b – HAB Wolfenbüttel. Handschriftendatenbank
- Inkunabeln – Helmut Kind: Incunabula Gottingensia. Inkunabel-Katalog der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, 3 Bde., Wiesbaden 1995–2011, Bd 4. bearb. von Helmut Rohlfing, Wiesbaden 2024. ↗GUK
- Provenienz Sankt Michaeliskloster im GUK – Suchbefehl prp de 7 ? Sankt Michaelis Lüneburg?
- Provenienz Ritterakademie Lüneburg im GUK – Suchbefehl prk „Ritterakademie Lüneburg“
Vor Ort
Die Handschriften können nach vorheriger Bestellung im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen eingesehen werden, sofern keine Einwände von konservatorischer Seite bestehen. Die Termine zur Einsichtnahme sollten mindestens zwei Werktage vor der Anreise unter Nennung der gewünschten Signaturen vereinbart werden.
Die historischen Drucke, die Inkunabeln eingeschlossen, können über die Online-Kataloge der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es einen halben Tag, die Bände dürfen ausschließlich in Präsenz im Lesesaal für Alte Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen genutzt werden. Bei besonders seltenen und kostbaren Werken, die den Bestandsgruppen „Rara“ und „Inc.“ zugeordnet sind, ist eine Benutzung nur im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude möglich.
Signatur
Die Lüneburger Handschriften bilden den einzigen mittelalterlichen Handschriftenbestand, der bis heute geschlossen nach seiner Provenienz aufgestellt ist. Die Signatur der Stücke setzt sich zusammen aus der Formatangabe (2, 4, 8), dem Kürzel „Cod. Ms. Luneb.“ sowie einer fortlaufenden Nummer, z.B. 8 Cod. Ms. Luneb. 66. Die Drucke wurden in die fachwissenschaftliche Systematik der SUB Göttingen aufgenommen. Ihre Sammlungszugehörigkeit lässt sich anhand der Signaturen nicht erkennen.
Digital
Bislang ist lediglich eine geringe Auswahl der Handschriften aus Lüneburg digitalisiert und steht über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten. Eine Digitalisierung des mittelalterlichen Bestandes ist geplant.
Zwischen 2014 und 2016 wurden im Rahmen eines DFG-Projekts an der HAB Wolfenbüttel die mittelalterlichen Handschriften der Ratsbücherei Lüneburg digitalisiert. Die Ratsbücherei erhielt, wie die SUB Göttingen, mehrere Handschriften aus dem Besitz des Benediktinerklosters St. Michaelis in Lüneburg.
Weiterführende Hinweise
- Eckhard Michael: Zur Geschichte des St. Michaelisklosters und des Klosters Lüne, in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di024g002e005.
- Uta Reinhardt: Lüneburg – Benediktiner, später ev. Männerkloster St. Michaelis, in: Niedersächsisches Klosterbuch, Teil 2: Gartow bis Mariental, hg. von Joseph Dolle, Bielefeld 2012, S. 947–960. ↗GUK
- Marlis Stähli: Die Bibliothek des Michaelisklosters, in: dies., Handschriften der Ratsbücherei Lüneburg, Bd. 3: Die theologischen Handschriften: Quartreihe. Die juristischen Handschriften (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen 4), Wiesbaden 1981, S. 10–16.
- Lukas Wolfinger: Hort des Wissens – Die alte Bibliothek des Klosters St. Michaelis in Lüneburg im Laufe der Jahrhunderte, in: Das Benediktinerkloster St. Michaelis in Lüneburg. Bau, Kunst, Geschichte. Festschrift anlässlich der 600. Wiederkehr der Weihe des Langshauses am 11. Juli 1418, hg. von Hansjörg Rümelin, Berlin 2018, S. 100–113. ↗GUK
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