Über die Sammlung | Sammlungsgeschichte | Zugang | Weiterführende Hinweise
Gauss Bibl. 825
Materialart
Historische Drucke
Umfang
1.715 Titel
Status
abgeschlossen
Zeitraum
16. bis 19. Jahrhundert
Region
Schwerpunkte in Deutschland und Europa
Erschließung
vollständig erschlossen
Standort
Historisches Gebäude
Kontakt
Über die Sammlung
Carl Friedrich Gauß (1777–1855) baute im Laufe seines Lebens eine umfangreiche Büchersammlung auf. Der Hauptteil wird heute unter der Bezeichnung „Gauß-Bibliothek“ in der SUB Göttingen aufbewahrt. Die Anfänge der Bibliothek gehen bis auf Gauß’ Schulzeit im Collegium Carolinum in Braunschweig zurück. Bücher aus dieser Zeit finden sich noch heute in der Gauß-Bibliothek. Der Schwerpunkt seiner Sammlung liegt auf mathematisch-naturwissenschaftlichen Büchern, jedoch sind auch klassische Autoren der Antike, Werke schöngeistiger Literatur und der Reiseliteratur zahlreich vertreten. Zu Gauß’ bevorzugten Schriftstellern gehörte Jean Paul (1763–1825), von dem er mehr als 30 Bände besaß.
Der besondere Wert der Gauß-Bibliothek bemisst sich nicht anhand einzelner bibliophiler Kostbarkeiten, wie z.B. der Erstausgabe von Kopernikus’ De revolutionibus (Nürnberg 1543), Petrus Apians Cosmographia (Paris 1553) oder Isaac Newtons Principia Mathematica (Amsterdam 1714). Ihre Bedeutung liegt in ihrer Gesamtheit und ihrer Zusammensetzung als wichtiges Arbeitsinstrument des berühmten Mathematikers, die darüber hinaus wichtige Einblicke in sein Leben und seine Interessen gibt. So haben sich in der Gauß-Bibliothek beispielsweise die Logarithmischen Tafeln Johann Karl Schulzes (Berlin 1778) erhalten, die Gauß mit 14 Jahren als Geschenk des Herzogs von Braunschweig nach seiner Vorstellung bei Hof erhielt. Das fürstliche Stipendium bedeutete eine wichtige Unterstützung für seine weitere akademische Ausbildung.
Die Bibliothek enthält ebenfalls eine Reihe von Büchern zur Finanzkunde, beispielsweise elf Schriften zu diesem Thema von Johann Friedrich Benzenberg (1777–1846), mit dem Gauß eine umfangreiche wissenschaftliche Korrespondenz pflegte. Sie zeugen von Gauß’ Geschick auf dem Anlagemarkt. So gelang es ihm, durch den Handel mit Staatspapieren und Aktien sein Vermögen stark zu vergrößern. Es überstieg bei seinem Tod deutlich sein Gesamteinkommen der letzten 25 Jahre. Mit 62 Jahren hatte Gauß begonnen, Russisch zu lernen, sodass zahlreiche Werke in dieser Sprache für seine Bibliothek erwarb. Amerikanische Publikationen erhielt er vornehmlich über seine in den USA lebenden Kinder.
Eine besondere Rolle kommt den von Gauß handschriftlich annotierten Werken zu. Sie reichen von Besitzvermerken mit Angabe des Erwerbungsjahres über Marginalien und Zeichnungen bis hin zu umfangreichen, teilweise mehrere Buchseiten füllenden Notizen. Sie sind bislang noch nicht detailliert systematisch erschlossen und wissenschaftlich ausgewertet worden.
Besondere Stücke
- Gauss Bibl. 1442 Rara – Nikolaus Kopernikus: De revolutionibus orbium coelestium, Nürnberg 1543
- Gauss Bibl. 943 – Isaac Newton: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica, Amsterdam 1714
- Gauss Bibl. 920 – Tobias Mayer: Astronomi Celeberrinim Opera inedita, Göttingen 1775
- Gauss Bibl. 31 – Johann Karl Schulze: Neue und erweiterte Sammlung logarithmischer, trigonometrischer und anderer zum Gebrauch der Mathematik unentbehrlicher Tafeln, Berlin 1778
- Gauss Bibl. 1106 – Johann Friedrich Benzenberg: Über den Aktienhandel der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn, Düsseldorf ca. 1830
Sammlungsgeschichte
Nachdem Carl Friedrich Gauß im Februar 1855 verstorben war, trat die Universität in Verhandlungen mit seinen Erben über den Erwerb seines Nachlasses, seines schriftlichen ebenso wie seiner umfangreichen Büchersammlung. Gauß’ Kinder waren einem Verkauf nicht abgeneigt, es bestand jedoch Unsicherheit über den tatsächlichen Wert der Sammlung. Daher wurde eine Kommission bestehend aus Wilhelm Weber (1804–1891), Johann Benedict Listing (1808–1882) und Franz Ludwig Schweiger (1803–1872), eingerichtet. Wilhelm Weber war Professor für Physik und eng mit Gauß befreundet. Listing war ebenfalls gut mit Gauß bekannt und hatte die Professur für Mathematik in Göttingen inne. Ludwig Schweiger war Professor für Literaturgeschichte, Bibliothekar an der Universitätsbibliothek und galt als Experte des Antiquariatsbuchhandels. Die drei Akadamiemitglieder sollten einen Katalog erstellen und sich einen Überblick über den Wert der Sammlung verschaffen.
Nach Abschluss der Katalogarbeiten wurde die Büchersammlung auf 2.021 Reichstaler und 20 Groschen geschätzt. Die Universität kaufte sie für 2.500 Taler; die Handschriften, ausgenommen die Familienpapiere und private Korrespondenz, erhielt sie von den Erben als Geschenk. Vor der Übergabe an die Sternwarte wurden, wie vereinbart, 205 Bücher an Gauß’ ältesten Sohn Joseph (1806–1873) abgegeben. Es handelte sich dabei hauptsächlich um Romane, Werke Jean Pauls sowie Reisebeschreibungen. Die Bibliothek wurde in der Sternwarte geschlossen im Parterre des westlichen Flügels aufgestellt. Hier wurden die Bände mit dem Stempel „Gauß-Bibliothek“ versehen.
1897 wurde der Hauptteil der Bücher aus dem Gaußschen Erbe in die Bibliothek der Sternwarte integriert, 1911 folgte der Rest. Sie wurden unter Angabe einer Zugangsnummer in den Akzessionskatalog der Sternwarte aufgenommen und als Besitz der „Bibliothek der Königl. Sternwarte Göttingen“ gestempelt. 1902 wurde das sogenannte Gauß-Archiv zur Förderung der Wissenschaft eingerichtet. Es vereinte die Handschriften und Bücher aus dem Nachlass in einem Raum in der Sternwarte. 1922 wurde es aufgelöst und die Manuskripte zur sicheren Aufbewahrung an die Universitätsbibliothek abgegeben. Die Gauß-Bibliothek verblieb weitere zehn Jahre in einem anderen Raum in der Sternwarte.
Als 1933 die Gesamtausgabe der Gauß-Werke mit zwölf Bänden abgeschlossen war und aufgrund der prekären Aufbewahrungsbedingungen in der Sternwarte, wurde auch die Gaußsche Büchersammlung der Universitätsbibliothek anvertraut. 1972 erfolgte die Übergabe von Restbeständen aus der Sternwarte. Die Gauß-Bibliothek bildet bis heute einen geschlossenen Bestand an der SUB Göttingen unter der Signatur „Gauss Bibl.“.
Zugang
Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel
Aus der Zeit vor der Übernahme durch die SUB Göttingen existieren mehrere Kataloge, die verschiedene Überlieferungsstadien der Gauß-Bibliothek abbilden. Das erste Verzeichnis stammt von einem unbekannten Schreiber aus dem Jahr 1823 und listet 921 Bände, die klassischen und belletristischen Werke blieben ausgenommen. Zwischen 1855 und 1856 fertigten Wilhelm Weber, Johann Benedict Listing und Franz Ludwig Schweiger einen Gesamtkatalog des Nachlasses an, wie er zum Zeitpunkt von Gauß’ Tod vorlag. Von Schweigers Hand ist außerdem eine Liste mit Schätzpreisen für die Handschriften und Drucke aus Gauß’ Besitz überliefert. Die meisten dieser Verzeichnisse, auch der Akzessionskatalog und Realkatalog der Sternwarte, befinden sich heute in der SUB Göttingen – davon ausgenommen ist der Nachlasskatalog von 1855/1856, der in der Sammlung des Gaußforschers G. Waldo Dunnington (1906–1974) in den USA aufbewahrt wird.
Kataloge und Verzeichnisse der Gauß-Bibliothek
- Cod. Ms. Gauß Varia 7 – Verzeichnis der Gaußschen Bibliothek vom 1. April 1823
- Northwestern State University of Louisiana Libraries, Cammie G. Henry Research Center, G. Waldo Dunnington Collection, Folder 75 – Nachlasskatalog Carl Friedrich Gauß’ von Weber, Listing und Schweiger, 1855/1856
- Archiv der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Scient. 102 – Schätzliste der Werke aus der Bibliothek Carl Friedrich Gauß’, 1855/1856
- Cod. Ms. Sternwarte 36 – Akzessionskatalog der Bibliothek der Göttinger Sternwarte
- Cod. Ms. Sternwarte 37 – Realkatalog der Bibliothek der Göttinger Sternwarte
Nach der Übernahme durch die SUB Göttingen wurde die Gauß-Bibliothek in den Hauptkatalog aufgenommen. Weiterhin wurden zwei Spezialkataloge, ein Standortkatalog und ein alphabetischer Katalog, zur Gauß-Bibliothek angelegt. Mittlerweile ist sie vollständig in den Online-Bibliothekskatalogen der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) erfasst. Im Göttinger Universitätskatalog (GUK) können die Bände der Sammlung über einen bestimmten Suchbefehl identifiziert werden.
In der Handschriftenabteilung haben Sie weiterhin Zugriff auf einen von Horst Michling (1909–2003) in den 70er Jahren erstellten Zettelkatalog zur Gauß-Bibliothek. Darin werden den heutigen Signaturen die Nummern älterer Kataloge, der Schätzliste von 1855/1856, dem Akzessionskatalog der Sternwarte sowie dem Verzeichnis von 1823, zugeordnet, soweit ermittelbar. Sofern ein Band Besitzvermerke oder handschriftliche Anmerkungen aufweist, ist dies dokumentiert, ebenso wie ggf. weitere Informationen zu Autor und Werk. Die Angaben zu den Besitznachweisen und handschriftlichen Anmerkungen wurden in den GUK übernommen.
- Gauß-Bibliothek im GUK – Suchbefehl sgb Gauss Bibl*
- Bandkatalog 801 – Standortkatalog der Gauß-Bibliothek in der Universitätsbibliothek Göttingen
- Bandkatalog 802 – Alphabetischer Katalog der Gauß-Bibliothek in der Universitätsbibliothek Göttingen
- Zettelkatalog zur Gauß-Bibliothek
Vor Ort
Die Drucke können über die Online-Bibliothekskataloge der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es einen halben Tag, die Bände dürfen ausschließlich in Präsenz im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen genutzt werden.
Signaturen
Die Gauß-Bibliothek wird in der SUB Göttingen geschlossen als Signaturengruppe „Gauss Bibl. 1–1446“ aufbewahrt. Der Zusatz „Rara“ kennzeichnet besonders seltene und kostbare Werke aus diesem Bestand, z.B. Gauss Bibl. 1443 Rara.
Digital
Digitalisate von etwas mehr als 20 Bände der Gauß-Bibliothek stehen über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt.
Weiterführende Hinweise
- Menso Folkerts: Neues zur Handbibliothek von C. F. Gauß, in: Mitteilungen der Gauss-Gesellschaft e.V. 44 (2007), S. 43–57. ↗GUK
- Frauke Geyken: Niedersächsische Staats- und Universitaetsbibliothek. Gauß-Bibliothek, in: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, digitalisiert von Günter Kükenshöner, hg. von Bernhard Fabian, Hildesheim 2003.
- Martha Küssner: Carl Friedrich Gauß und seine Welt der Bücher, Frankfurt, Zürich 1979. ↗GUK
- Karin Reich: Der junge Gauß und seine Welt der Mathematikbücher, in: „Wie der Blitz einschlägt, hat sich das Räthsel gelöst“. Carl Friedrich Gauß in Göttingen, hg. von Elmar Mittler (Göttinger Bibliotheksschriften 30), Göttingen 2005, S. 35–52, DOI: 10.17875/gup2005-95.
- Helmut Rohlfing: Das Erbe des Genies. Der Nachlass Carl Friedrich Gauß an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, in: Mitteilungen der Gauss-Gesellschaft e.V. 40 (2003), S. 7–23. ↗GUK
Verwandte Sammlungen
Nachlässe
Sammlung von Nachlässen und Teilnachlässen der Universitätsbibliothek Göttingen
Küssner-Stiftung
Etwa 300 Bände mit Erstausgaben zur Geschichte der Physik aus dem Besitz von Hans Georg und Martha Küssner