Kartensammlung Johann Michael Franz’

Über die Sammlung | Sammlungsgeschichte | Zugang | Weiterführende Hinweise

Titelblatt, Atlas von Deutschland und angrenzender Gebiete

Fachwissenschaftliche Zuordnung

Geographie, Geschichte

Materialart

Karten

Umfang

3.271 Karten

Status

abgeschlossen

Zeitraum

18. Jahrhundert

Region

Deutschland, Europa, Asien, Afrika, Amerika

Erschließung

vollständig erschlossen

Standort

Historisches Gebäude

Kontakt

karten@sub.uni-goettingen.de

Über die Sammlung

Johann Michael Franz (1700–1761) übernahm 1730 gemeinsam mit Johann Georg Ebersperger (1695–1760) die Leitung des Homannschen Verlags, des bedeutendsten Herausgebers von Karten und Atlanten im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Der Verlag wurde fortan unter dem Namen „Homännische Erben“ fortgeführt. Aufgrund dieser Verbindung stammen viele Karten der Sammlung Franz’ aus der Nürnberger Offizier. Bei ihrer Abgabe an die Universitätsbibliothek Göttingen umfasste sie 3.271 Blätter in 51 Bänden. Den größten Teil bildeten mehr als 900 Karten zu Deutschland und über 1.200 Karten zu anderen europäischen Reichen. Deutlich geringer fiel die Anzahl der Karten aus, die die Kontinente Europa, Asien, Afrika sowie Nord- und Südamerika darstellen, insgesamt über 300. Dazu kamen 49 Planigloben, 93 Himmelskarten, 78 Militärkarten über die Niederlande, Ungarn und Italien, 73 Seekarten sowie 66 Städtekarten.

Von den Homännschen Erben wurde beispielsweise der neue Himmelsatlas (Atlas novus coelestis) verlegt, für den Johann Gabriel Doppelmayr (1677–1750) 30 Karten anfertigte. Der prächtig ausgestattete Band enthält sorgfältig ausgeführte Kupferstiche des Sonnensystems, der Planetenbewegungen, der Sternbilder sowie eine Mondkarte. Neben Doppelmayr konnte Franz auch Johann Matthias Hase (1684–1742) als Autor für seinen Verlag gewinnen. Hase war führend auf dem Gebiet der historischen Karten. Als er 1742 plötzlich verstarb, veröffentlichten die Homännschen Erben auf Initiative Franz’ sieben Karten des Römisch-Deutschen Reiches, die er vor seinem Tod noch hatte fertigstellen können. Um die Kosten gering zu halten, wurde für alle Karten eine Kupferplatte verwendet, die einzelnen Territorien unterscheiden sich durch ein individuelles, von Hand aufgetragenes Kolorit.

Franz erkannte bald, dass mit den finanziell begrenzten Mitteln des Verlags umfassende Neuvermessungen und die systematische Erhebung statistischer und politischer Daten nicht möglich war. Um die Öffentlichkeit auf die Bedeutung von Karten aufmerksam zu machen und den Weg für eine staatliche Finanzierung kartographischer Datenaufnahmen zu ebnen, gründete Franz einen privaten Verein, die „Kosmographische Gesellschaft“. Der Gesellschaft gehörten führende Gelehrte wie der Astronom Tobias Mayer (1723–1762), der Mathematiker Georg Moritz Lowitz (1722–1774) und Johann Matthias Hase an. Die Mitglieder der Kosmographischen Gesellschaft veröffentlichten mehrere programmatische Schriften zur Entwicklung der Kartographie, ihre hochgesteckten Ziele sollten sie jedoch nicht realisieren.

Besondere Stücke

  • gr. 2 Astr. I, 1962 Rara – Johann Gabriel Doppelmayr: Atlas novus coelestis, Nürnberg 1742
  • gr. 2 Geogr. 307 Rara – Johann Matthias Hase: Atlas historicus, Nürnberg 1750
  • 4 Geogr. 662 Rara | 4 Geogr. 663 Rara – Akten der kosmosgraphischen Gesellschaft, Nürnberg 1754
    • 4 Geogr. 662 (1) Rara – Johann Michael Franz: Homännischer Bericht von Verfertigung großer Weltkugeln, Nürnberg 1746
    • 4 Geogr. 662 (3) Rara – Johann Michael Franz: Homännische Vorschläge von den nötigen Verbesserungen der Weltbeschreibungs-Wissenschaft, Nürnberg 1747
    • 4 Geogr. 662 (10) Rara – Johann Michael Franz: Gedanken von einem Reise-Atlas und von der Notwendigkeit eines Staats-Geographus bei Gelegenheit der Abreise Herrn Professor Tobias Mayer aus Nürnberg nach Göttingen, den 15. März 1751, Nürnberg 1751
  • gr. 2 Geogr. 222 Rara – Atlas von Deutschland und angrenzender Gebiete, Nürnberg 1761

Sammlungsgeschichte

Unter Johann Michael Franz erlebte der Homannsche Verlag seine Blütezeit: Es wurde eine große Zahl qualitativ hochwertiger Karten produziert und neue Karten ersetzten die vielfach veralteten Vorlagen. Die hohen Ansprüche an die Qualität hatten jedoch schwerwiegende finanzielle Konsequenzen. Als Franz 1755 nach Göttingen aufbrach, um dort die Professur für Geographie anzutreten, war er mit 16.000 Gulden verschuldet, dem Verkaufswert von fast 100.000 Karten.

In Göttingen war ihm wenig Erfolg beschieden. Das von ihm geplante „Institutum Cosmographicum“ kam nicht zustande, ebenso wenig seine „Weltkugel-Fabrik“. Die Überführung seiner Verlagshälfte der Homännischen Erben von Nürnberg nach Göttingen scheiterte am Widerspruch seines Mitinhabers Johann Georg Ebersperger. Der finanzielle Druck führte vermutlich dazu, dass Franz seine umfangreiche Kartensammlung der Universität zum Kauf anbot. 1756 ging sie für 400 Taler in den Besitz der Georgia Augusta über. Sie war die erste maßgebliche Erweiterung der Universitätsbibliothek im Bereich Karten nach der Bülow’schen Schenkung, die die Einrichtung mit einem Grundstock von 2.000 Karten ausgestattet hatte.

Die Kartensammlung der Universitätsbibliothek wurde 1888 mehrheitlich dem Geographischen Institut angegliedert. Während des Zweiten Weltkriegs wurden große Teile der Institutsbestände zerstört. 1988 gelangten die am Institut vorgehaltenen historischen Karten und Globen zurück an die Universitätsbibliothek.

Zugang

Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel

Im Bibliotheksarchiv haben sich der historische Katalog der Sammlung sowie die Korrespondenz betreffs des Kartenankaufs 1755/1756 erhalten. Darunter findet sich auch eine detaillierte Aufstellung der Sammlungsinhalte mit erläuternden Anmerkungen aus der Feder Johann Michael Franz’ (Bibl.-Arch., A 6 c 22 und A 6 c 26).

Die gedruckten Karten aus der Sammlung Franz sind in den Online-Bibliothekskatalogen (GUK und GöDiscovery) der SUB Göttingen erfasst. Sie sind ebenfalls in IKAR, der Datenbank für Altkarten, nachgewiesen. Die Sammlung Franz wurde nach ihrem Erwerb in die Bestände der Universitätsbibliothek eingearbeitet. Die Zuordnung historischer Karten zur Sammlung Franz ist bislang nur in wenigen Fällen erfolgt und setzt weitere Provenienzrecherchen auf der Basis der historischen Verzeichnisse und Kataloge voraus.

  • Bibl.-Arch., Alte Kataloge 31 b – Katalog der Franzschen Kartensammlung (mit Nachträgen), 1761
  • gr. 2 Astr. I, 1955 Rara – Mappae astronomicae varii generis spectantes ad me Joh. Mich. Franzium (Sammelband mit 40 Blättern) ↗GUK
  • IKAR Altkartendatenbank – Gedruckte Karten bis zum Erscheinungsjahr 1850

Vor Ort

Die gedruckten Karten können über die Online-Bibliothekskataloge (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es in der Regel einen halben Tag.

Die Karten werden entweder im Lesesaal für Alte Drucke (z. B. Signatur Geogr., Astr.) oder im Lesesaal der Kartensammlung (Signatur Mapp., Kart.) ausgegeben. Bitte beachten Sie: Die Kartensammlung ist nur nach Terminvereinbarung per E-Mail (karten@sub.uni-goettingen.de) oder per Telefon (49 551 39-25282) zugänglich. Bei besonders seltenen und kostbaren Werken, die den Bestandsgruppen „Rara“ und „Inc.“ zugeordnet sind, ist eine Benutzung nur im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude möglich.

Weiterführende Hinweise

  • „Auserlesene und allerneueste Landkarten“. Der Verlag Homann in Nürnberg 1702–1848. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg und der Museen der Stadt Nürnberg mit Unterstützung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Stadtmuseum Fembohaus vom 19. September bis 24. November 2002, hg. von Michael Diefenbacher (Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg 14), Nürnberg 2002. ↗GUK
  • Uta Klaer: Aufbau und Entwicklung der Göttinger Kartensammlung. Ein Beitrag zum Problem der Sondersammlungen an wissenschaftlichen Universalbibliotheken (Kartensammlung und Kartendokumentation 7), Bonn 1970. ↗GUK
  • Christian Sandler: Die Homannschen Erben (1724–1852) und ihre Landkarten. Das Leben und Wirken von Johann Georg Ebersperger (1695–1760) und Johann Michael Franz (1700–1761). Ein Handbuch, 4. Aufl. Bad Langensalza 2015. ↗GUK

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