DD 2018 B 4
Materialart
Historische Drucke
Umfang
11.400 Leichenpredigten
Status
fortlaufend
Zeitraum
16. bis 18. Jahrhundert
Region
Schwerpunkte in Niedersachsen, Sachsen, Thüringen, Deutschland
Erschließung
vollständig erschlossen
Standort
Historisches Gebäude
Kontakt
Über die Sammlung
Als Leichenpredigten werden religiöse Trauerschriften bezeichnet, die anlässlich des Todes einer Person verfasst wurden. Verbreitet waren sie zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, vor allem im protestantischen Raum. Um das Andenken des oder der Verstorbenen zu bewahren, wurden Leichenpredigten nach den Begräbnisfeierlichkeiten häufig in Druck überführt und im Umkreis der verstorbenen Person verteilt.
Bei den Verstorbenen handelt es sich vornehmlich um Angehörige der protestantischen Mittel- und Oberschicht, jedoch sind auch einige katholische Leichenpredigten belegt. Neben der eigentlichen Predigt enthalten sie ausführliche Lebensläufe der betrauerten Person, sogenannte „Personalia“. Die Personalia stehen bereits seit Längerem im Fokus der Forschung, da sie breites Quellenmaterial für biographische, prosopographische und genealogische Studien bieten.
Als Teil von Leichenpredigten lassen sich gelegentlich auch Trauergedichte, Vertonungen bzw. Noten, Wappen und bildliche Darstellungen ausmachen. Seit dem 17. Jahrhundert beliebt waren ausführliche Beschreibungen von Sterbeszenen. Diese unterstützen die didaktische Funktion der Gattung, indem sie die Ideale der christlichen Lebensführung bzw. eines guten christlichen Todes vermittelten.
Die SUB Göttingen besitzt etwa 11.400 Leichenpredigten vom 16. bis 18. Jahrhundert, die über 9.000 Personen gedenken. Geographisch sind die meisten Teile Deutschlands vertreten, insbesondere Niedersachsen sowie die Hanse-, Universitäts- und Residenzstädte Norddeutschlands. Einen zweiten geographischen Schwerpunkt bilden Sachsen und Thüringen, vor allem die Universitätsstädte Erfurt, Halle, Leipzig und Wittenberg. Aus Göttingen selbst sind nur wenige Schriften überliefert.
Besondere Stücke
- 8 H. E. Eccl. 484/5 – Philipp Melanchthon: Leichenpredigt auf Martin Luther, Leipzig 1546
- 4 Con. fun. 297 (13b) – Georg Arnoldt: Seelen-Arznei beim Begräbnis Johann Jacobs, Sohn des Johann Weiss, Professor in Gießen, in musikalischer Form mit vier Stimmen, Mühlhausen 1661
- 4 Con. fun. 259 (16) – Christoph Hagius: Leichenpredigt auf die deutsche Dichterin Sibylle Schwarz, Greifswald 1638
- 4 H. Württ. 3460 Rara – Wohlverdientes Ehrengedächtnis welches dem … Herrn Wolffgang Julio, Grafen von Hohenlohe und Gleichen, den 15. Febr. 1699 in der Stadt-Kirchen der Residenz Neuenstein geschehenen nächtlichen Beisetzung … und dabei gehaltenen Prozession und Sermon, Öhringen 1699
- DD2015 B 3 (1) – Alexius Loserth: Leichenpredigt auf Kaiserin Eleonore Magdalene von Pfalz-Neuburg, Brünn 1720
- 2 Hist. lit. part. IV, 42/2 (10) – Johann Friedrich Penther: Memoria Nobilissimi Doctissimique Iuvenis Domini Joannis Danielis Gottschalck, Göttingen 1747
- 8 TH PAST 310/60 (8) – Jakob Martin Herold: Leichenpredigt bei der Beerdigung des Lorenz Bastian Ritter, englischer Kaufmann, St. Petersburg 1780
Sammlungsgeschichte
Die Leichenpredigtensammlung der SUB Göttingen lässt sich maßgeblich auf zwei Quellen zurückführen: die Sammlung Philipp August Schlüters († 1761) und Ernst Ludolph von Stederns. Schlüter ist als Mitarbeiter Joachim Hinrich von Bülows (1650–1724) und später Gerlach Adolph von Münchhausens (1688–1770) der Universitätsbibliothek Göttingen in besonderem Maße verbunden. Unter Bülow war er für dessen Privatbibliothek zuständig, die nach dem Tod seines Vorgesetzten an die Universität abgegeben wurde und den wesentlichen Teil des Gründungsbestands der Universitätsbibliothek Göttingen bildet. Im Dienst Münchhausens verwaltete er die Angelegenheiten der Universitätsbibliothek in Hannover.
Die Leichenpredigtsammlung Schlüters umfasst 443 Bände, die 1764 nach Göttingen gelangten. Sie sind einheitlich in Quart- oder Folioformat gebunden und tragen den Titel in Goldschrift auf dem Rücken. Weitere 212 Bände haben sich aus der Sammlung Ernst Rudolph von Stederns erhalten. Über Stedern ist nur wenig bekannt: Er hatte 1655 das Amt eines Kanonikus zu Walbeck inne, das er 1602 resignierte. Die Erscheinungsjahre der Bände aus der Stedernsche Sammlung lassen eindeutig darauf schließen, dass die Kollektion nach dem Tod ihres Urhebers von einer anderen Person weitergeführt wurde. Die Universitätsbibliothek baute ihren Bestand von Leichenpredigten im Laufe der Zeit durch Ankäufe, Schenkungen und Übernahmen weiter auf.
Zugang
Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel
Sie finden die Leichenpredigten in den elektronischen Katalogen der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery). Im Göttinger Universitätskatalog (GUK) können Sie gezielt nach der Gattung „Leichenpredigten“ suchen. Die Göttinger Leichenpredigten sind, abhängig von ihrem Erscheinungsjahr, ebenfalls in den Verzeichnissen der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16., 17. und 18. Jahrhunderts erfasst.
- Leichenpredigten im GUK – Gattungsbegriff Alte Drucke Leichenpredigt
- VD 16 – Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts
- VD 17 – Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts
- VD 18 – Verzeichnis Deutscher Drucke des 18. Jahrhunderts
Die Basis für der Erschließung der Göttinger Leichenpredigtensammlung ist der dreibändige Katalog von Manfred von Tiedemann. Tiedemann bediente sich dabei u.a. der diversen Verzeichnisse zu den Ursprüngen der Sammlung, die im Bibliotheksarchiv bewahrt werden. Der Göttinger Katalog floss in den Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten (GESA) ein. Hier können Sie systematisch nach dem Namen der oder des Verstorbenen, nach Ortsnamen oder Druckorten der deutschsprachigen Leichenpredigten in Bibliotheken und Archiven suchen.
- Bibl.-Arch., Alte Kataloge 72, Bd. 116–126 – Leichenpredigtensammlung Philipp August Schlüter
- Bibl.-Arch., Alte Kataloge 72, Bd. 127–128 – Leichenpredigtensammlung Ernst Ludolph von Stedern
- Cod. Ms. Tiedemann – zwei Ordner mit Personalangaben aus Leichenpredigten im Nachlass Manfred von Tiedemanns
- Katalog der Göttinger Leichenpredigten – Manfred von Tiedemann: Katalog der Leichenpredigtsammlung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen, 3 Bände, Göttingen 1954–1955. ↗GUK
- GESA – Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten
Vor Ort
Die historischen Drucke können über die Online-Bibliothekskataloge der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es einen halben Tag, die Bände können im Lesesaal für Alte Drucke im Historischen Gebäude benutzt werden. Besonders seltene und kostbare Werke, die der Bestandsgruppe „Rara“ zugeordnet sind, dürfen ausschließlich im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude eingesehen werden.
Signaturen
Die Leichenpredigten bilden keine gemeinsame Signaturengruppe, sondern treten an verschiedenen Systemstellen und in verschiedenen Sammlungen auf, wie beispielsweise der Sammlung Deutscher Drucke oder der Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung. Besonders häufig sind sie in der Signaturengruppe „Theologia pastoralis“ (Th. past.) anzutreffen. Die Leichenpredigtensammlung Schlüter erhielt in jüngerer Zeit neue Signaturen: Con. fun. (Conciones funebres). Bitte beachten Sie, dass sowohl im Gesamtkatalog der deutschsprachigen Leichenpredigten (GESA) als auch im Katalog der Göttinger Leichenpredigten, bearbeitet von Manfred Tiedermann (↗GUK), die Leichenpredigten mit den alten Sammlungssignaturen versehen sind. Benötigen Sie eine Konkordanz zwischen den alten und den neuen Signaturen der Leichenpredigtensammlung Schlüter, wenden Sie sich bitte an: hg-info@sub.uni-goettingen.de
Digital
Über 4.000 Leichenpredigten stehen digital über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) zur Verfügung. Wenn Sie im GUK nach dem Gattungsbegriff „Leichenpredigten“ suchen, können Sie über die Trefferanalyse die Anzeige auf die „Online Ressourcen“ einschränken. Auf diese Weise erhalten Sie eine Übersicht über die digitalisierten Leichenpredigten der Universitätsbibliothek.
Einzelseiten können im GDZ als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten.
Weiterführende Hinweise
- Akademie der Wissenschaft und Literatur Mainz: Forschungsstelle für Personalschriften – Leichenpredigten
- Anna Aurast: Leichenpredigten, LEO-BW. Landeskundliche Informationssystem für Baden-Württemberg
- Leichenpredigten als Quelle historischer Wissenschaften, hg. von Rudolf Lenz, 4 Bde., Köln, Wien, Marburg an der Lahn 1975–2004. ↗GUK
- Manfred von Tiedemann: Katalog der Leichenpredigtsammlung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen, 3 Bände, Göttingen 1954–1955. ↗GUK
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