Luthersammlung

Fachliche Zuordnung

Theologie, Geschichte

Materialart

Drucke, Handschriften

Umfang

mehr als 1.400 Drucke, 32 Handschriften

Status

sporadisch ergänzt

Zeitraum

Drucke aus dem 16. Jahrhundert, Luthergesamtausgaben vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, Handschriften vom 15. bis 18. Jahrhundert

Region

Deutschland, Niederlande, Europa

Erschließung

vollständig erschlossen

Standort

Historisches Gebäude

Kontakt

hsd@sub.uni-goettingen.de

hg-info@sub.uni-goettingen.de

Über die Sammlung

Die SUB Göttingen besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen von Lutherdrucken des 16Jahrhunderts. Dazu zählen alle Schriften, die mit Martin Luther (1483–1546) als Verfasser, Herausgeber oder Übersetzer verbunden sind. Zur Sammlung gehören weiterhin sämtliche Luthergesamtausgaben vom 16. bis ins 20. Jahrhundert. 

Die Kernbestände der Luthersammlung bilden die Autographa Lutheri sowie die Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung. Um 1830 wurden die bis dahin erworbenen Lutherdrucke zu einer eigenen Signaturgruppe, den Autographa Lutheri, zusammengefasst. Dabei handelt es sich um ca. 550 Erstdrucke und Frühdrucke, die bis 1546 erschienen sind. Der zweite große Bestand an Lutherschriften kam mit der Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung an die Universitätsbibliothek. Von den etwa 1.000 Drucken handelt es sich bei knapp der Hälfte um Werke Luthers.

Zu den besonders wertvollen Stücken der Sammlung gehören eine Bibelausgabe von 1541 mit handschriftlichen Eintragungen Martin Luthers, Philipp Melanchthons (1497–1560) und weiterer Reformatoren sowie das Septembertestament von 1522, Luthers erste Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Griechischen ins Hochdeutsche. Sehr selten ist auch die dritte Auflage des Kleinen Katechismus von Martin Luther aus dem Jahr 1536, die sich ausschließlich an der SUB Göttingen erhalten hat.

Aufgrund der Nähe des Bildprogramms zu den reformatorischen Schriften wird im Kontext der Luthersammlung häufig auf einen tschechischen Codex aus dem 15. Jahrhundert verwiesen. Die hussitische Bildsatire, von der lediglich eine weitere Handschrift bekannt ist, kontrastiert das biblische Ideal mit den Verfehlungen der zeitgenössischen Geistlichkeit. Diese bildliche Thematik wird im Passional Christi und Antichristi aufgenommen, von dem verschiedene Drucke aus dem Jahr 1521 an der SUB Göttingen bewahrt werden.

Besondere Stücke

  • 2 Cod. Ms. theol. 182 Cim. – Hussitencodex, nach 1463
  • Cod. Ms. philos. 95 – Briefe Martin Luthers, Philipp Melanchthons, Johannes Bugenhagens u.a., teilweise in Abschriften, 16.–18. Jahrhundert
  • 8 Mulert 253 – Martin Luther: An den christlichen Adel deutscher Nation, Wittenberg 1520
  • 4 Bibl. Uff. 639 – Martin Luther, Lukas Cranach der Ältere: Passional Christi und Antichristi, Wittenberg 1521
  • 4 Bibl. II, 1922 Rara – Martin Luther, Lukas Cranach der Ältere: Septembertestament, Wittenberg 1522
  • 4 Bibl. II, 1934 Rara – Neues Testament in Deutsch, Augsburg 1523
  • 2 Mulert 143 – Bibel nach Martin Luther, niederdeutsch, Lübeck 1533
  • 8 Aut. Luth. 1432 – Kleiner Katechismus, Wittenberg 1536
  • 2 Bibl. II, 572 Rara – Luther-Bibel, Wittenberg 1541, mit Autographen Martin Luthers und weiterer Reformatoren

Sammlungsgeschichte

Zum Gründungsbestand der Universitätsbibliothek Göttingen gehörten lediglich 50 Lutherdrucke. In der ersten Phase der Bibliothek, vor allem unter der Leitung Christian Gottlob Heynes (1729–1812), lässt sich ein starker Anstieg in diesem Bereich beobachten. Bis 1814 war die Zahl der Lutherdrucke von 50 auf 610 bis 615 Bände angewachsen. Den wichtigsten Zugang dieser Epoche bedeutete die Übernahme der Bibliothek des Göttinger Rechtsprofessors und Geheimen Justizrates Georg Christian Gebauer (1690–1773) mit knapp 200 Lutherschriften. Weitere Stücke wurden auf Auktionen und im antiquarischen Buchhandel erworben. 

Mit den Abgaben der Ritterakademie Lüneburg zwischen 1851 und 1853 gelangten 18 weitere Lutherdrucke nach Göttingen. Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt die Universitätsbibliothek über 900 Werke aus dem Ankauf der älteren Teile der Ministerial-Bibliothek Celle durch den Preußischen Staat, darunter auch 56 Lutherdrucke. Auf diese Weise kamen mehrere Stücke aus der Fürstenbibliothek Herzog Wilhelms des Jüngeren nach Göttingen. Die letzte große Erweiterung der Luthersammlung datiert aus den 50er Jahren, als der Universitätsbibliothek Göttingen die Buchsammlung Besitz des deutschen Kommunalpolitikers Oskar Mulert (1889–1951) übergeben wurde. 

Zugang

Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel

Die Luthersammlung der SUB Göttingen wurde 1967 von Helmut Kind beschrieben. Nachträge und Korrekturen zu diesem Katalog finden sich in der von Kind 1970 veröffentlichten Publikation zu „Umfang und Aufstellung, Katalogisierung und Geschichte“ der Göttinger Lutherschriften.

Die Drucke sind in den Online-Bibliothekskatalogen der Göttinger Universitätsbibliothek (GUK und GöDiscovery) erfasst. Die zwei zentralen Bestände, aus denen sich die Luthersammlung speist, die Autographa Lutheri und die Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung, können über bestimmte Suchbefehle im Göttinger Universitätskatalog (GUK) ermittelt werden. Für die Autographa Lutheri existiert seit 1830 ein nach Formaten und chronologisch geordneter Sonderkatalog als Teil des Bandrealkatalogs.

  • siehe Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung
  • Sammlung Autographa Lutheri im GUK – Suchbefehl sgb \Aut Luth?
  • Sonderkatalog Autographa Lutheri – Catalogus Autographorum Lutheri … digestus cura et studio Adolfi Goeschen, 1830 (= Band 141 des Bandrealkatalogs)
  • Lutherkatalog – Helmut Kind: Die Lutherdrucke des 16. Jahrhunderts und die Lutherhandschriften der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (Arbeiten aus der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen 6), Göttingen 1967. ↗GUK
  • Nachträge und Korrekturen zum Lutherkatalog – Helmut Kind: Die Luthersammlung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Umfang und Aufstellung, Katalogisierung und Geschichte (Arbeiten aus der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen 8), Göttingen 1970, S. 54–60. ↗GUK

Vor Ort

Die historischen Drucke können über die Online-Bibliothekskataloge der SUB Göttingen (GUK und GöDiscovery) bestellt werden. Voraussetzung dafür ist ein Bibliotheksausweis der SUB Göttingen. Personen, die nicht der Georg-August-Universität Göttingen angehören, können dafür einen Gastnutzerausweis beantragen. Bis zur Bereitstellung dauert es einen halben Tag, die Bände könne im Lesesaal für Alte Drucke im Historischen Gebäude benutzt werden. Besonders seltene und kostbare Werke, die der Bestandsgruppe „Rara“ zugeordnet sind, sowie Werke aus dem Bestand Mulert, Uffenbach oder Autographa Lutheri dürfen ausschließlich im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude eingesehen werden.

Die Luthersammlung ist kein geschlossener Bestand, sondern verteilt sich auf verschiedene Sondersammlungen sowie den allgemeinen Bestand. Der größte Teil der Sammlung trägt die Signatur „Aut. Luth.“ (Autographa Lutheri), z. B. 8 Aut. Luth. 71. Zahlreiche Lutherdrucke finden sich unter den Bänden der Mulert-Stiftung; Werke dieser Provenienz tragen die Signatur „Mulert“ in Kombination mit der Formatangabe (2, 4, 8) und einer laufenden Nummer, z. B. 8 Mulert 256. Fünf Lutherdrucke gehören zur Signaturgruppe „Cantica Gebaueri“, z. B. 8 Cant. Geb. 93, die Sammlung Uffenbach beinhaltet zwei Lutherdrucke, z. B. 4 Bibl. Uff. 639. Einzeldrucke im allgemeinen Bestand sind vor allem in den Fachbereichen „Theologia“ und „Historia ecclesiastica“ belegt, z. B. 4 Bibl. II, 585 Rara.

Digital

Etwa 30 Drucke der Autographa Lutheri und der Mulert-Stiftung stehen über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) digital zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten.

Weiterführende Hinweise

  • Silke Glitsch, Helmut Rohlfing: Autographa Lutheri, in: Göttinger Kostbarkeiten. Handschriften, Drucke, Einbände aus zehn Jahrhunderten, hg. von Elmar Mittler (Göttinger Bibliotheksschriften 35), Göttingen 2006, S. 252–259, DOI: 10.17875/gup2006-648.
  • Jens Ahlers: Die Melanchthondrucke der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen: Geschichte ihrer Provenienz, in: Bibliothek und Wissenschaft 23 (1989), S. 1–102. ↗GUK
  • Helmut Kind: Die Luthersammlung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Umfang und Aufstellung, Katalogisierung und Geschichte (Arbeiten aus der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen 8), Göttingen 1970. ↗GUK

Verwandte Sammlungen

Oskar-und-Ilse-Mulert-Stiftung

Historische Drucke aus der Reformationszeit

Gebauers Gesangbuchsammlung

Sammlung von über 1.000 Bänden Gesangbücher vom 16. bis 18. Jahrhundert aus dem Besitz Georg Christian Gebauers

Gebauers Deutsche Bibliothek

Sammlung älterer deutscher Literatur aus dem Besitz Georg Christian Gebauers

Historische Drucke

Über 500.000 Drucke vor 1900 in vielen Sprachen und zu zahlreichen Themen und Fachgebieten