Mittelalterliche Handschriften

Über die Sammlung | Sammlungsgeschichte | Zugang | Weiterführende Hinweise

Materialart

Handschriften und Handschriftenfragmente auf Pergament und Papier

Umfang

427 Handschriften und über 3.000 Fragmente

Status

sporadisch ergänzt

Zeitraum

9. bis 16. Jahrhundert, vorwiegend spätmittelalterlich

Region

Europa, Schwerpunkte im deutschen, französischen und italienischen Raum

Erschließung

zu weiten Teilen erschlossen

Standort

Historisches Gebäude

Kontakt

hsd@sub.uni-goettingen.de

Über die Sammlung

Die SUB Göttingen besitzt 427 abendländische mittelalterliche Handschriften. Weitere Quellenzeugnisse aus dem Mittelalter finden sich in den Fragmentesammlungen der Bibliothek: 671 Fragmente in der Sammlung Carlo Morbio (1811–1881), 112 in der Sammlung Wilhelm Müller (1812–1890) und über 2.600 in der weitgehend unerschlossenen Sammlung „Fragmente von Handschriften“. Die mittelalterlichen Handschriften behandeln eine Vielzahl von Wissensgebieten, wobei Werke der Theologie, der Rechtswissenschaften sowie der Antikenrezeption dominieren. Sprachlich überwiegen mit über 300 Vertretern klar die lateinischen Handschriften, mit deutlichem Abstand gefolgt von denjenigen in deutschen Dialekten.

Das wertvollste Stück der Sammlung ist das sogenannte Fuldaer Sakramentar aus dem 10. Jahrhundert, das mit seiner prachtvollen Ausstattung einen Höhepunkt der ottonischen Buchmalerei darstellt. Ebenfalls zu den Zimelien, den besonderen Kostbarkeiten, zählt der Bellifortis, das älteste von einer namentlich bekannten Person verfasste Kriegshandbuch im deutschsprachigen Bereich. In Göttingen werden drei Exemplare dieser Schrift bewahrt, darunter die zwei ältesten Fassungen, von denen zumindest eine mit Sicherheit vom Autor selbst stammt. Große Bekanntheit, vor allem in der Geschichte des frühen Buchdrucks, genießt auch das sogenannte Göttinger Musterbuch, ein Malerbuch mit Anleitungen zur Ausführung einfacher Buchschmuck-Elemente, das verschiedentlich Übereinstimmungen zum berühmten Mainzer Bibeldruck, der B42, aufweist.

Besondere Stücke

  • 2 Cod. Ms. theol. 231 Cim. – Fuldaer Sakramentar, 10. Jahrhundert
  • 8 Cod. Ms. philol. 170 Cim. – Archipoeta, 12. Jahrhundert
  • 2 Cod. Ms. philos. 63 Cim. | 2 Cod. Ms. philos. 64 Cim. – Konrad Kyeser, Bellifortis, 1405 und um 1430
  • 8 Cod. Ms. Uffenbach 51 Cim. – Göttinger Musterbuch, um 1450
  • 2 Cod. Ms. philol. 36 Cim. – Corvina-Codex mit Vorlesungen des Aristoteles, um 1460
  • 2 Cod. Ms. theol. 182 Cim. – Hussitencodex, nach 1463

Sammlungsgeschichte

Die Göttinger Universitätsbibliothek ging nicht aus einer repräsentativen Hofbibliothek oder einer traditionsreichen Klosterbibliothek hervor. Zum Gründungsbestand im 18. Jahrhundert gehörten lediglich acht mittelalterliche Handschriften, von denen heute noch fünf nachweisbar sind. Die weiteren Codizes wurden im Laufe der Zeit auf Auktionen, antiquarisch oder über Abgaben und Geschenke erworben. Aufgrund dieser Entwicklung weist die Sammlung im Hinblick auf ihre Provenienzen eine große Heterogenität auf. Den einzigen geschlossenen Bestand bilden 74 Handschriften aus der ehemaligen Ritterakademie Lüneburg, die in die Nachfolge des Benediktinerklosters St. Michael trat (Bibliothek des Klosters St. Michaelis in Lüneburg).

Zugang

Kataloge, Datenbanken und weitere Findmittel

Die mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen sind komplett erschlossen, jedoch liegen nicht für alle Beschreibungen vor, die heutigen wissenschaftlichen Standards genügen. Moderne Katalogisate für ca. ein Drittel der Stücke können mittlerweile über die Handschriftendatenbank der HAB Wolfenbüttel abgerufen werden. Die Anzahl der Katalogisate wird im Rahmen eines DFG finanzierten Erschließungsprojekts sukzessive ergänzt. Die Göttinger Handschriften werden in Zukunft auch ins Handschriftenportal aufgenommen werden.

Wenn moderne Beschreibungen fehlen, kann auf den Katalog zum gesamten Göttinger Handschriftenbestand von Wilhelm Meyer sowie den Ergänzungsband von Irmgard Fischer für die Erwerbungen zwischen 1894 und 1966 zurückgegriffen werden. Darüber hinaus sind ausgewählte Göttinger Handschriftengruppen in verschiedenen Spezialkatalogen und Datenbanken erfasst:

Im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke stehen weiterhin verschiedene nicht publizierte Findmittel zur Verfügung. Unser Thekenpersonal hilft bei der Recherche gern weiter. Dokumente zur Genese und Beschreibung der Sammlung wie die historischen Zugangsbücher oder ältere Bibliothekskataloge werden im Bibliotheksarchiv aufbewahrt.

Vor Ort

Die mittelalterlichen Handschriften können nach vorheriger Bestellung im Lesesaal für Handschriften und Seltene Drucke im Historischen Gebäude der SUB Göttingen eingesehen werden, sofern keine Einwände von konservatorischer Seite bestehen. Die Termine zur Einsichtnahme sollten mindestens zwei Werktage vor der Anreise unter Nennung der gewünschten Signaturen vereinbart werden.

Die mittelalterlichen Handschriften sind in der SUB Göttingen kein geschlossener Bestand, sondern wurden seit dem 18. Jahrhundert gemeinsam mit den jüngeren Handschriften in die fachwissenschaftliche Systematik der Universitätsbibliothek integriert. Die Signatur der Handschriften setzt sich in der Regel zusammen aus der Formatangabe (2, 4, 8), der Fachgruppe (jurid., hist., hist. lit., hist. nat., philol., philos., theol.) und einer laufenden Nummer, z. B. 8 Cod. Ms. philol. 170 Cim. Das Kürzel „Cim.“ kennzeichnet die Cimelien unserer Sammlungen, besonders wertvolle und seltene Stücke, deren Benutzung mit besonderen Auflagen verbunden ist. Eine Ausnahme bilden die Bände aus dem ehemaligen Besitz des Michaelisklosters in Lüneburg sowie der Sammlung Uffenbach. Hier ersetzt das Kürzel „Luneb.“ bzw. „Uffenbach“ die Fachgruppe, z. B. 2 Cod. Ms. Luneb. 2. Seit den 50er Jahren erhalten Handschriftenneuerwerbungen eine Numerus-Currens-Signatur, z. B. Cod. Ms. 2022.30.

Digital

Mehr als 70 mittelalterliche Handschriften stehen bereits über das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) digital zur Verfügung. Einzelseiten können als PDF oder JPG heruntergeladen werden, die bibliographischen Angaben werden über die Formate BibTex, RIS und EndNote bereitgestellt. Weiterhin werden die Meta- und Strukturdaten unter freier Lizenz in METS und IIIF angeboten. Die OAI-PMH 2.0 des Handschriftenportals der HAB Wolfenbüttel ermöglicht den Abruf der dort bereitgestellten Beschreibungen im TEI-Format. Eine Digitalisierung des gesamten mittelalterlichen Handschriftenbestandes ist in absehbarer Zeit vorgesehen.

Weiterführende Hinweise

  • Helmar Härtel: Adreßbuch der Sammlungen mittelalterlicher Handschriften in Niedersachsen, Wolfenbüttel 1976, S. 43f. ↗GUK
  • Christiane Kind-Doerne: Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Ihre Bestände und Einrichtungen in Geschichte und Gegenwart. Mit einem Beitrag von Klaus Haenel über die Handschriftenabteilung (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 22), Wiesbaden 1986. ↗GUK
  • Lukas Wolfinger: Hort des Wissens – Die alte Bibliothek des Klosters St. Michaelis in Lüneburg im Lauf der Jahrhunderte, in: Das Benediktinerkloster St. Michaelis in Lüneburg. Bau – Kunst – Geschichte, hg. von Hansjörg Rümelin, Berlin 2018, S. 100–113. ↗GUK

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